Im Zuge der zunehmenden Digitalisierung von Geschäftsprozessen findet der Einsatz von elektronischen Signaturen immer weitere Verbreitung. Medienbruchfreie Arbeitsabläufe über Unternehmensgrenzen hinweg sind wichtig, um effizient zu agieren.
Welche Verträge in Österreich und Deutschland mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur abgeschlossen werden können und deren Vorteile gegenüber einer handschriftlichen Unterschrift, erläutern wir gemeinsam mit Gregor Haidenthaler, Partner bei Hochleitner Rechtsanwälte, in diesem Blogbeitrag.
Was ist eine fortgeschrittene elektronische Signatur?
Die fortgeschrittene elektronische Signatur („FES“) ermöglicht es, die Authentizität und Unverfälschtheit der signierten Daten zu prüfen. Sie ist dem Unterzeichner eindeutig zuordenbar und so mit dem Dokument verknüpft, dass es gelingt, eine nachträgliche Veränderung der Daten zu erkennen.
Das macht die FES zuverlässiger als eine handschriftliche Unterschrift, die eine fremde Person entweder nachahmen oder nachträglich auf das Dokument kopieren kann. Auch Veränderungen an einem bereits signierten Dokument stellen ein Risiko dar. Zur Frage, wer ein Dokument wann und wo unterfertigt hat, laufen viele Gerichtsverfahren. All diese Streitigkeiten lassen sich durch den Sicherheitsaspekt einer FES beseitigen.
Die FES in Fachanwendungen
Aus diesen Gründen ist es empfehlenswert, sich bei der Einführung von digitalen Geschäftsprozesslösungen auf Software europäischer Hersteller zu konzentrieren. Diese setzen neben flexiblen Bearbeitungs-, Prüf- und Freigabeprozessen auch auf eine workflowgestützte fortgeschrittene elektronische Signatur.
Dahingehend bietet Fabasoft für die Digitalisierung von Geschäftsprozessen entsprechende Fachanwendungen an: Die Vertragsmanagementlösung Contracts on Fabasoft PROCECO sowie Approve on Fabasoft PROCECO zum Managen von technischen Daten und Dokumenten in der Industrie.
Die österreichische Rechtslage zur fortgeschrittenen elektronischen Signatur
Nur eine qualifizierte elektronische Signatur erfüllt das Schriftformerfordernis, wobei meist kein Formzwang bei Rechtsgeschäften besteht.
Bei einer Reihe wichtiger Rechtsgeschäfte gilt es jedoch, die unterschreibende Person vor Streitigkeiten über ihre Identität oder vor dem unbedachten Abschluss eines folgenschweren Vertrages zu bewahren (Schutz vor Übereilung). Diese Fälle bedürfen entweder der Schriftform oder sogar der Beiziehung eines Notars. Es gibt in Österreich zwei Arten der notariellen Mitwirkung:
1. Die notarielle Beglaubigung:
Mit der Beglaubigung bestätigt der Notar die Identität der Unterzeichner durch Überprüfung von Lichtbildausweisen. Der Bestätigungsvermerk soll eine nachträgliche Veränderung des Inhalts verhindern. Beglaubigte Verträge benötigt man beispielsweise für die Einverleibung im Grundbuch (z. B. Liegenschaftskaufverträge) oder für Eintragungen im Firmenbuch (Gesellschafterbeschlüsse und Musterfirmenzeichnungen).
2. Der Notariatsakt:
Von einem Notariatsakt spricht man, wenn nicht nur ein Bestätigungsvermerk angebracht, sondern der gesamte Vertrag in den Notariatsakt gefasst ist. Dies stellt das strengste Formerfordernis (ohne Auslandsbezug) in Österreich dar. Notariatsaktpflichtig sind beispielsweise Eheverträge (wie ein Erbvertrag), Gesellschafts- und Anteilsabtretungsverträge bei Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH und AG) sowie im Einzelfall auch Betriebseinbringungsverträge.
Das Formerfordernis macht der unterfertigenden Person die Bedeutung ihrer Handlung bereits klarer. Die FES stellt, ähnlich wie der Bestätigungsvermerk eines Notars, die Identität des Autors sicher und verhindert nachträgliche Änderungen des Dokuments, aber sie schützt naturgemäß nicht vor einer übereilten Unterschriftsleistung. Daraus lässt sich schließen, dass grundsätzlich alle Verträge, die keine notarielle Beglaubigung erfordern, auch mit einer FES formgültig zustande kommen. Von dieser Faustregel ausgenommen sind allerdings Kontrakte in den Bereichen Verbraucherkredite und -bürgschaften, Familienrecht sowie letztwillige Verfügungen, deren Abschluss zwar ohne Beiziehung eines Notars, jedoch in Österreich noch nicht mit einer FES möglich ist.
Bei einem Auftrags(-daten)verarbeitungs-Vertrag („ADV“) verpflichtet der datenschutzrechtliche Verantwortliche einen Dienstleister, in seinem Auftrag personenbezogene Daten im Sinne der Datenschutzgrundverordnung zu verarbeiten. Dieser bedarf gemäß Art 28 DSGVO der Schriftform. Ein ADV erlangt auch in einem elektronischen Format und nach herrschender Ansicht mittels FES Gültigkeit.
In manchen Blogbeiträgen behaupten Autoren, dass Immobilienkaufverträge mit einer FES keine Rechtsgültigkeit hätten. Vorsicht! Das stimmt so nicht. Wie bereits erwähnt, braucht es für die Eintragung im Grundbuch (den Eigentumserwerb) eine notariell beglaubigte Version, jedoch gilt ein Immobilienkaufvertrag ohne notarielle Beglaubigung bereits als rechtsverbindlich. So kann man theoretisch bereits aus einem mittels FES unterfertigten Immobilienkaufvertrag auf eine nachträgliche notarielle Ausfertigung einer einverleibungsfähigen Urkunde klagen. Grundsätzlich empfiehlt es sich daher, einen Immobilienkaufvertrag von Anfang an in grundbuchsfähiger Form (notarielle Beglaubigung) zu errichten.
Die meisten Verträge kommen in Österreich formfrei (mündlich) zustande. Zu Beweiszwecken ist eine Verschriftlichung aber dringend anzuraten. Die FES bietet nicht nur einen höheren Grad an Sicherheit als ein handschriftlich unterzeichnetes Dokument und eine von Gerichten anzuerkennende Beweiskraft, sondern, vor allem während der Corona-Pandemie, auch logistische und zeitliche Vorteile. Immobilien- und Gesellschaftsverträge beispielsweise bedürfen der notariellen Form, wobei dies in den meisten Fällen bereits elektronisch erfolgen kann.
Große Bedeutung hat die FES bei digital übermittelten und unterfertigten Rechnungen, da das Finanzamt diese als Rechnung im Sinne des § 11 UStG für den Vorsteuerabzug anerkennt.
Die Rechtslage in Deutschland zur fortgeschrittenen elektronischen Signatur
Da die elektronische Signatur auf einer Verordnung der Europäischen Union beruht, gelten viele der für Österreich angeführten Punkte gleichermaßen für Deutschland.
So ersetzt nur eine qualifizierte elektronische Signatur die Schriftform bei Verträgen, welche diese gesetzlich vorsehen, doch besteht in Deutschland wie in Österreich grundsätzlich Formfreiheit. Dies führt wiederum dazu, dass Kontrakte mit FES – bis auf wenige Ausnahmen – Rechtsverbindlichkeit und entsprechende Beweiskraft haben.
In Deutschland bestehen prinzipiell ähnliche Ausnahmen wie in Österreich. Zusätzlich sind noch Kündigungserklärungen von Dienstverhältnissen auf elektronischem Wege, selbst mittels qualifizierter elektronischer Signatur, ungültig.
Für die Kündigung von Mietverträgen über Gewerberaum reicht die FES für die Wirksamkeit aus, ebenso wie für einen unbefristeten oder mit weniger als einem Jahr befristeten Mietvertrag. In anderen Worten: Ein mittels FES abgeschlossener Mietvertrag, der eine Befristung von mehr als einem Jahr vorgesehen hätte, kommt zwar wirksam, jedoch unbefristet zustande.
Kontakt:
Mag. Gregor Haidenthaler, M.B.L.-HSG
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