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JATS-XML: Warum wissenschaftliche Verlage auf den Standard setzen

Kevin Boshold

Erstellt am 03. Juni 2024

Illustrierte Darstellung eines wissenschaftlichen Magazins mit Smartphone und verschiedenen wissenschaftlichen Symbolen
Table of contents

„Without standards, there can be no improvement”, sagte der japanische Ingenieur und einer der Gründerväter des Toyota-Produktionssystems, Taiichi Ohno, und hob damit die Wichtigkeit der Standardisierung von Prozessen und Produkten hervor. In den Bereichen der modernen Industrie dient die Standardisierung als Grundlage für Effizienz, Sicherheit und Interoperabilität.

 Durch die Etablierung einheitlicher Sprache, Praktiken und Maßstäbe rationalisiert die Industrie Abläufe, senkt Kosten und fördert Innovationen. Zudem erleichtern Standards den internationalen Handel und die Zusammenarbeit, was zeigt, dass Normung auch ein Katalysator für globalen Fortschritt und Nachhaltigkeit ist. 


All diese Vorteile der Standardisierung gelten auch für das wissenschaftliche Publizieren. Einer der wichtigsten Standards in diesem Bereich ist das XML-Format JATS (Journal Article Tag Suite).

 

1.    XML und JATS – was genau ist das?

XML (Extensible Markup Language) ist eine Auszeichnungssprache, die Inhalte so kodiert, dass sowohl Menschen als auch Maschinen sie lesen können, und die gleichzeitig unabhängig vom Layout ist. Verschiedene Branchen nutzen unterschiedliche XML-Standards, um medienneutralen Content zu erstellen, effizient zu verarbeiten und auf verschiedenen Kanälen und Plattformen zu veröffentlichen. 

Im Bereich des wissenschaftlichen Publizierens hat sich das XML-Format JATS als Industriestandard durchgesetzt. Aber was genau ist eigentlich JATS und was macht seine Bekanntheit aus?

JATS, auch bekannt als NISO JATS, ist ein international verwendetes, standardisiertes Auszeichnungsformat. Von der National Information Standards Organization (NISO) entwickelt und vom American National Standards Institute genehmigt, kommt es speziell bei der digitalen Veröffentlichung und beim Austausch von wissenschaftlichen Artikeln und Publikationen zum Einsatz.

Vereinfacht ausgedrückt ist JATS ein Satz von XML-Elementen und -Attributen, die die Struktur und Semantik eines Zeitschriftenartikels beschreiben und seine automatische Verarbeitung und Veröffentlichung erleichtern. Ursprünglich verwendeten hauptsächlich wissenschaftliche, technische, medizinische und ingenieurwissenschaftliche Zeitschriften den JATS-Standard. Inzwischen nutzen ihn jedoch auch Verlage aus anderen Bereichen wie Geisteswissenschaften, Soziologie, Wirtschaft und Sozialwissenschaftlien. 


Es gibt drei JATS-Sets, die sich an drei verschiedene Gruppen im Publikationslebenszyklus richten:

  • Article Authoring – für Autor:innen
  • Journal Publishing – für Verlage
  • Journal Archiving and Interchange – für Archive und Bibliotheken

Einige andere JATS-Erweiterungen sind die NISO Standard Tag Suite (NISO-STS) und die Book Interchanging Tag Suite (BITS).

 

2.    Warum JATS Industriestandard ist

Wissenschaftliche Verlage nutzen zunehmend JATS für die Produktion ihrer Inhalte – in einigen Fällen ist das JATS-Format sogar eine Voraussetzung für Indexierungsdienste und Lieferkanäle. Doch warum hat sich JATS zum Industriestandard entwickelt?

  • Standard für Artikel: JATS ist auf den Anwendungsfall der Zeitschriftenproduktion zugeschnitten und entspricht dem aktuellen Stand der Technik bei der Veröffentlichung von Zeitschriften und Preprints.
  • Dynamischer Standard: NISO entwickelt JATS ständig weiter, um den Anforderungen von Verlagen und anderen Anwender:innen gerecht zu werden.
  • Strukturell und deklarativ: Das JATS-Markup ist strukturell und erklärungsorientiert, was die softwarebasierte Verarbeitung von Zeitschriftenartikeln erleichtert und die Datenerhaltung sicherstellt.
  • Verfügbare Wissensbasis: Der JATS-Standard ist gut dokumentiert. Umfassende Tag-Bibliotheken sind online kostenlos verfügbar und enthalten Anleitungen, Beispiele und Empfehlungen für die Verwendung von Elementen und Attributen 
  • Vorteile gegenüber benutzerdefinierten XML-Schemata: Die Verwendung eines einheitlichen Industriestandards anstelle von eigenen Schemata hat weitere Vorteile für die Verlage, darunter eine verbesserte Interoperabilität mit Systemen und Plattformen von Drittanbietern, deutlich niedrigere Implementierungskosten, eine höhere Attraktivität für Autor:innen und Redakteur:innen sowie ein wertvoller Wissensaufbau innerhalb der Organisation.

     

3.    Die Vorteile von JATS-basierten Publikationen

Die Verwendung des JATS-Standards zahlt sich im gesamten Redaktionsprozess aus. Von der Erstellung und Verwaltung bis hin zur Veröffentlichung und Verteilung gibt es eine Vielzahl von Vorteilen:

  • Effizientere, schlankere Produktion von konsistenten, hochwertigen und medienneutralen Inhalten
  • Einfache Ausgabe in verschiedene Formate wie HTML, EPUB, (Print-)PDF, eBook oder XML
  • Nahtlose Verbreitung über alle erforderlichen Kanäle und Plattformen wie Websites, Webshops, Content-Delivery-Plattformen oder wissenschaftliche Datenbanken und Bibliotheken
  • Erhöhte Sichtbarkeit und damit erweitertes Publikum
  • Verbesserte Auffindbarkeit von Publikationen, sowohl im Internet (über Suchmaschinen wie Google Scholar oder in wissenschaftlichen Datenbanken und Bibliotheken etc.) als auch in internen Content-Management-Systemen
  • Vereinfachte Zitation in anderen Publikationen
  • Konsistente Darstellung auf allen Ausgabekanälen und -geräten
  • Bessere Lesbarkeit und Zugänglichkeit
  • Größere Effizienz bei der Dokumentenverwaltung im Vergleich zu Dokumenten in herkömmlichen Formaten wie Microsoft Word
  • Einfachere und schnellere Produktion von neuen Ausgaben (z.B. wissenschaftliche Sammelbände usw.) und folglich einfachere Wiederverwendung bestehender Inhalte

Kurz gesagt: JATS oder XML im Allgemeinen eigent sich aufgrund der Vielseitigkeit, Zeitersparnis und der Einhaltung von Qualitätsstandards ideal für wissenschaftliche Publikationen. Autor:innen und Verlage stellen sicher, dass ihre Inhalte gut organisiert und auf verschiedenen Plattformen leicht zugänglich sind.

 

4.    Integration von JATS in den Redaktionsprozess

Da JATS für eine effiziente Veröffentlichung in verschiedenen Formaten und Kanälen unerlässlich ist, muss der Inhalt zu einem bestimmten Zeitpunkt des Redaktionsprozesses in diesem Format vorliegen. Allgemein ist es von Vorteil, JATS so früh wie möglich im Prozess zu nutzen. Es gibt jedoch grundsätzlich zwei Möglichkeiten für die Erstellung von Dokumenten im JATS-Format.

4.1 Konvertierung herkömmlicher Word-Inhalte in JATS

Während des redaktionellen Prozesses erstellen Autor:innen Artikel oft im Microsoft Word-Format. Für eine effiziente Bearbeitung und Veröffentlichung ist allerdings eine Konvertierung der Dokumente in JATS notwendig. Obwohl dafür verschiedene Tools zur Verfügung stehen, lagern Verlage diesen Schritt oft aus.

4.2 Erstellung von JATS-Inhalten am Anfang des Prozesses

Die andere Möglichkeit besteht darin, einen „XM-first“-Ansatz zu wählen und JATS-Inhalte von Anfang an mit einem XML-Editor (z.B. Xeditor) oder einem XML-basierten Redaktionssystem (z.B. Xpublisher für wissenschaftliche Publikationen) zu erstellen. Diese Vorgehensweise wird bei Verlagen immer beliebter, da sie mehrere wichtige Vorteile bietet:

  • Bessere Datenkontrolle: Durch das Erstellen von XML-Inhalten im ersten Teil des Prozesses entfällt die Notwendigkeit einer Datenkonvertierung zu einem späteren Zeitpunkt im Prozess. Dadurch erübrigt sich ein oft kritischer Produktionsschritt für Datenkontrolle und -sicherheit. In der Vergangenheit lagerten viele Verlage solche Konvertierungen aus, was allerdings zur Folge hatte, dass sensible Daten unkontrolliert an Dritte bzw. externe Dienstleister gelangten.
  • Verbesserte Qualität der semantischen Inhalte: Moderne XML-Editoren bieten eine geführte Erstellung und Validierung in Echtzeit, sodass alle Beteiligten jederzeit gültiges XML erstellen. Das vermeidet Bearbeitungsfehler sowie zeitaufwendige und fehleranfällige manuelle Nachbearbeitung. Das Ergebnis ist eine deutlich bessere semantische Qualität des Contents, was insbesondere für die Weiterverarbeitung von Vorteil ist.
  • Höhere Prozesseffizienz durch Automatisierung und Standardisierung: Der Einsatz eines XML-Editors bzw. eines Redaktionsystems, das einen solchen Editor integriert, optimiert die Automatisierung und Standardisierung von Prozessen deutlich, was erhebliche Zeit- und Kosteneinsparungen mit sich bringt. Diese Effizienz beschleunigt den Entwicklungszyklus der Inhalte, sichert die Konsistenz der Dokumente und verbessert die Gesamtqualität und Kohärenz der Publikationen.

In der Vergangenheit erforderte die Erstellung von Dokumenten im XML-Format technisches Fachwissen von geschulten Redakteur:innen. 


Moderne webbasierte Tools bieten jetzt jedoch intuitive Schnittstellen, die denen von Microsoft Word ähneln, und unterstützen verschiedene XML-Standards wie JATS. Das macht es für Verlage einfacher, einen XML-zentrierten Ansatz zu verfolgen. Die folgende Grafik zeigt die Oberfläche unseres XML-Editors Xeditor, die dem bekannten Word-Layout ähnelt. 

Screenshot der Xeditor Oberfläche


 

5.    Die wichtige Rolle der Metadaten

Die im ersten Kapitel enthaltene Kurzdefinition von JATS als „ein Satz von XML-Elementen und -Attributen, die die Struktur und Semantik eines Zeitschriftenartikels beschreiben und seine automatisierte Verarbeitung und Veröffentlichung erleichtern“ ist recht allgemein. Für ein besseres Verständnis der Praxis braucht es weitere technische Details zu den Metadaten.


Metadaten sind ein Teil des erwähnten „Satzes von XML-Elementen und -Attributen“ und spielen eine Schlüsselrolle bei der effizienten Publikation von Inhalten über verschiedene Medienkanäle. Professionelle Publikationsplattformen sowie Abstracting- und Indexing-Dienste, die wissenschaftliche Inhalte speichern, exportieren in der Regel Metadaten aus einer Publikation, um sie automatisch verfügbar zu machen. 
Beispiele für Metadaten sind:

  • Titel des Artikels
  • Version des Artikels
  • Autor:innen und Zugehörigkeiten
  • Abstract
  • Bibliographie
  • Copyright-Informationen
  • Liste der Schlüsselwörter
  • Digitale Objektbezeichner (DOIs)

Mit einem modernen und intuitiven XML-Editor lassen sich diese Metadaten automatisch abfragen und von der verantwortlichen Person, z.B Autor:in oder Redakteur:in, ausfüllen. Die folgende Grafik veranschaulicht, wie dies in der Praxis in einem JATS-XML-Editor wie Xeditor aussieht:

Screenshot der Xeditor Metadaten


Dokumente im JATS-XML-Format und entsprechende Metadaten sind für das moderne wissenschaftliche Publizieren unverzichtbar. Sie erleichtern die Speicherung bibliografischer Daten und ermöglichen Forscher:innen und Leser:innen weltweit einen schnellen und bequemen Zugriff auf relevante Informationen und Veröffentlichungen. 
Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zu einem bedeutenden wissenschaftlichen Ziel: Wissen zu verbreiten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 
 

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